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Entspannungsübungen gegen Migräne - Rike Fochler
Jeden Tag Kopfschmerzen und bis zu dreimal wöchentlich eine Migräneattacke - so hat das Leben von Kerstin Schrempf in
den letzten dreizehn Jahren usgesehen. Ihren Job in einem Call-Center musste die leidgeprüfte Frau oft mitten in der
Arbeitszeit abbrechen.
Denn wenn der Migräneschmerz erst da war, gab es nur noch eins: Den Raum verdunkeln, hinlegen, den Kopf so weich wie
möglich betten, absolute Ruhe. Frau Schrempf litt bei jeder Attacke unter Übelkeit und Erbrechen.
Kerstin Schrempf: „Also zu Beginn wurde immer gesagt, ja das bisserl Kopfschmerz, das tut dir ja nichts. Also ich bin nicht
gerade ernst genommen worden. Aber im Laufe der Zeit sind die Attacken immer schlimmer geworden, so dass die Umwelt
gemerkt hat, dass man wirklich eingeschränkt ist im Leben. Also man kann nicht richtig arbeiten, es ist einfach alles schwer,
Sport treiben, einkaufen gehen, bei schönem Wetter draußen sein, in der Sonne sein.“ Im Herbst letzten Jahres hörte die
chronische Kopfschmerz-Patientin von einer
Kopfschmerz- Studie im Wiener AKH an der Abteilung für Neurologie. Sie wurde untersucht und nahm schließlich als eine
von mehr als vierhundert Testpersonen teil. Im Rahmen dieser Studie zeichnete Frau Schrempf drei Monate lang täglich
mehr als fünfzig Beobachtungen auf - über Eßgewohnheiten, Wetterfühligkeit, Druck und Stress in der Arbeit, körperliche
oder seelische Anspannung. Erstmals wurden nicht nur Tage vor oder mit Migräne erfasst, sondern jeder Tag aufgezeichnet.
Auf diese Weise konnten bisher oft kolportierte Auslösefaktoren von Migräne relativiert werden.
Christian Wöber, Neurologe: "Wir haben gesehen, dass die oft erwähnten Ernährungsfaktoren viel weniger Rolle spielen, als
angenommen und letztlich kaum für die Auslösung von Migräne verantwortliche sind. Wir haben gesehen, dass das Wetter
weniger Rolle spielt und letztlich auch nicht beeinflussbar ist. Wir haben vor allem aber gesehen, dass es beeinflussbare
Faktoren gibt, die mit gezielten therapeutischen Maßnahmen in den Griff zu kriegen sind, nämlich Muskelanspannung,
psychische Anspannung, Stresssituationen und Müdigkeits- und Erschöpfungszustände."
In der Studie zeigte sich, dass bestimmte Nahrungsmitteln an Tagen mit Migräne ungefähr gleich häufig konsumiert
wurden, wie an Tagen ohne Migräne. Sie können also keinen wesentlichen Faktor bei Migräne darstellen. Hingegen gehen
Verspannung, Druck und Stress deutlich häufiger mit Migräneattacken einher. Genau dagegen lässt sich aber auch was tun.
Teil der Studie war daher auch, verschiedene Entspannungstechniken zu testen. Kerstin Schrempf erhielt in Einzeltherapie
Entspannungstraining nach Jacobson. Über ein Biofeedback- Gerät kann die Patientin ihre eigene Atmung beobachten. Je
regelmäßiger die Kurven, desto ruhiger wird ihr Atem desto größer die erreichte Entspannung. Inzwischen kann Frau
Schrempf auch ohne
Biofeedback-Gerät, nur über die Regulierung ihrer Atmung jeden Migräneanfall rechtzeitig abfangen.
Kerstin Schrempf: "Wenn jetzt eine Attacke kommt, weiß ich, was ich zu tun habe. Ich leg mich hin, mach meine
Entspannungsübungen, meine
Atemübungen. Und das dauert ungefähr fünf Minuten und nach einer halben Stunde sind die Schmerzen weg. Durch diese
Entspannungsübungen hat sich auch mein ganzes Leben verändert. Die Anspannung im Kopf ist weg, ich kann wieder leben
ich kann wieder lachen, hab weit mehr Freude." Heute kann sich Kerstin Schrempf wieder Dinge erlauben, die sie in den
letzten dreizehn Jahren niemals zu tun gewagt hätte. Schokolade essen etwa bleibt ganz ohne Folgen. Auch Medikamente
braucht Frau Schrempf kaum mehr. Nach einem halben Leben mit ununterbrochenem Kopfweh oder Migräneschmerz
erscheint ihr jeder Tag ohne Attacke wie ein kleines Wunder. Und das Beste daran: Nicht nur Frau Schrempf, sondern jeder
Kopfschmerzpatient könnte eine Entspannungsmethode erlernen.
© copyright ORF 2004
Modern Times - 14.11.2004